Adventskalender des Inklusionsbüros 2021

Adventskalender des Inklusionsbüros 2021

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Dieser Beitrag ist ein Gespräch zwischen Karen Beckmann und Barbara Sanders-Mowka. Frau Beckmann ist Sonderpädagogin an der Gemeinschaftsschule in Norderstedt. Frau Sanders-Mowka ist pensionierte Sonderpädagogin. Beide sind didaktische Trainerinnen beim Institut für Qualitätsentwicklung Schleswig-Holstein (IQSH).

Karen Beckmann: Ja, Mensch, Barbara, lass uns mal überlegen: Was waren denn Zitate unserer Schüler zum Thema Inklusion und wie sie das erlebt haben?

Weißt du noch, als ich mit meiner Klasse mit den Barriboxen gearbeitet habe und die Schüler dabei kennenlernen sollten: Wie geht’s eigentlich Menschen mit Beeinträchtigungen? Und eine Gruppe fuhr mit dem Rollstuhl in den Supermarkt. Eine Schülerin, die die ganze Zeit im Rollstuhl saß, kam wieder und sagte: „Oh, was ja wohl am schlimmsten war, das war, dass die Leute mich alle angestarrt haben! Und ich glaube, das möchten Menschen mit Behinderungen oder diejenigen, die im Rollstuhl sitzen, bestimmt am wenigsten. Dass man sie so anguckt.

Barbara Sanders-Mowka: Und das wird dieser Schülerin vermutlich nicht mehr passieren, wenn sie anderen Menschen mit einem ähnlichen Schicksal begegnet. Das hat sie an dieser Stelle hautnah mitbekommen und verstanden. Auf jeden Fall.

Karen Beckmann: Das hat sie verstanden, ja.

Karen Beckmann: Und was erinnerst du aus deiner Arbeit?

Barbara Sanders-Mowka: Also, ich erinnere vor allen Dingen Szenen aus dem Klassenrat. Der Klassenrat war für uns immer wieder die Möglichkeit, Konflikte, Probleme und auch gegenseitiges Unverständnis zu thematisieren. Und da ist es dann sehr häufig, finde ich, zu durchaus ergreifenden Sachen gekommen.

Eine Sache habe ich noch ganz besonders vor Augen: Das war, als Jonas, der das Tourette-Syndrom hatte, den anderen Mitschülern erklärte, was mit ihm los ist. Warum er Tics hat, seinen Kopf hin und her wirft oder auch mal permanent die Nase hochzieht oder Ähnliches. Und er versuchte das seinen Mitschülern zu erklären, indem er sagte: „Ihr müsst euch das vorstellen, das ist wie ein Schluckauf. Aber den Schluckauf, den habe ich im Gehirn. Und da kann ich überhaupt nichts dran machen. Irgendwann geht er dann wieder weg. Und plötzlich ist er wieder da. Und ich kann das nicht beeinflussen.“ Die Schüler hatten großes Verständnis dafür. So großes Verständnis, dass beim nächsten Mal, als eine Klassenarbeit geschrieben wurde und ich als Aufsicht vorne saß und dachte „Oh nee, also dieser Jonas! Die ganze Zeit zieht der die Nase hoch! Das ist ja schrecklich!“… Und ich war die Einzige, die sich daran störte. Es ist sonst niemandem aufgefallen.

Und das nächste Mal saßen wir wieder im Klassenrat und wieder gab es Probleme. Mit Marvin, der, statt freundlich auf die Menschen zuzugehen, zu denen er Kontakt haben wollte, immer in Auseinandersetzungen verwickelt war und das auf diese falsche Art machte. Und wir sprachen mal wieder darüber. Und plötzlich sagte Jonas: „Marvin, ich glaube, das ist wie bei mir: Auch du hast einen Schluckauf.“ Und das war toll. Richtig, richtig gut.

Karen Beckmann: Ja, das glaube ich. Das kann ich mir richtig gut vorstellen.

Barbara Sanders-Mowka: Ja, also das sind so Situationen, wo wir ganz hautnah mitbekommen haben, dass durch den gemeinsamen Unterricht und die großen Unterschiede ganz großes Verständnis füreinander geweckt wird.

Karen Beckmann: So soll es sein!

Über diesen Podcast

Auch in diesem Jahr möchte das Inklusionsbüro Schleswig-Holstein Ihnen gerne die Vorweihnachtszeit mit ein paar "hörbaren Türchen" versüßen.

Diesmal haben wir die Menschen gefragt:
Was ist Ihr „Lieblingszitat“ im Zusammenhang mit Inklusion, Vielfalt und Toleranz?

Herausgekommen ist ein bunter Reigen an Beiträgen aller Art - so vielfältig und verschieden, dass es ganz im Sinne der Inklusionsidee ist! :-)

von und mit Inklusionsbüro Schleswig-Holstein

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